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19.03.2024

 „Unser Projekt ermöglicht nachhaltige Konsumentscheidungen im Internet

Das KI-Leuchtturmprojekt GCA (Green Consumption Assistant) unterstützt Konsument*innen dabei, online nachhaltiger einzukaufen. Im Interview spricht Dr. Maike Gossen, TU Berlin, über Ergebnisse und Herausforderungen des Projekts.

Frau Dr. Gossen, was war das Ziel Ihrer Arbeit und wie haben Sie es erreicht?

Das zentrale Ziel des Green Consumption Assistant (GCA) war es, Nutzer*innen der Suchmaschine Ecosia dabei zu unterstützen, nachhaltigere Konsumentscheidungen im Internet zu treffen. Im Rahmen des Verbundprojekts haben wir verschiedene Funktionen für unterschiedliche Anwendungsbereiche entwickelt, implementiert und wissenschaftlich evaluiert. Das Herzstück sind produktbezogene Nachhaltigkeitsinformationen im Shoppingportal von Ecosia. Darüber hinaus werden in der regulären Suche auf Ecosia nachhaltigere Alternativ-Suchen in einem Fenster neben den klassischen Suchergebnissen vorgeschlagen und die Klimaversprechen von Organisationen und Unternehmen in einem Ranking transparent gemacht. Eine weitere Anwendung ist der Ecosia AI Chat. Das ist ein KI-Chatbot, der auf ChatGPT basiert und bei seinen Antworten nachhaltige Aspekte mitberücksichtigt.

Darüber hinaus war es unser Ziel, dass mehr Menschen, die bereits ein hohes Nachhaltigkeitsbewusstsein haben, tatsächlich nachhaltigere Kaufentscheidungen im Internet treffen. In der Nachhaltigkeitsforschung ist diese Diskrepanz als Einstellungs-Verhaltens-Lücke bekannt. Die Features des GCA sollten diese Lücke reduzieren.

Was waren Herausforderungen und Hürden und wie sind Sie damit umgegangen?

Für die Produktentwicklung war sicherlich die lückenhafte und schwer bzw. nicht offen zugängliche Datengrundlage zu nachhaltigkeitsbezogenen Produktinformationen eine große Herausforderung. Obwohl die schlechte Datenverfügbarkeit zu Beginn des Projekts zu einigen Verzögerungen führte, war sie gleichzeitig der Ausgangspunkt für die Berliner Hochschule für Technik, eine eigene Datenbank mit Produktinformationen (Green Database) zu entwickeln. Eine Datenbank, die vertrauenswürdige Nachhaltigkeitsinformationen zu Konsumgütern automatisiert sammelt, aggregiert, auf Grundlage eines Datenschemas verifiziert und integriert. Im Rückblick ist die Green Database eines der wichtigsten Ergebnisse des Projekts und die Arbeiten daran werden in einem Start-Up fortgesetzt.

In Bezug auf die transdisziplinäre Zusammenarbeit war das agile Arbeiten und die iterative Produktentwicklung, die bei Ecosia praktiziert werden, gelegentlich schwierig mit mittel- oder langfristig angelegten Forschungszielen zu vereinbaren. Gleichzeitig haben wir insbesondere während der COVID-19-Pandemie von der agilen und flexiblen Arbeitsweise profitiert.

Welchen Impact hat ihr Projekt mit Blick auf den Klima- bzw. Umweltschutz?

Die TU Berlin hat die Entwicklung des GCA wissenschaftlich begleitet. Hierzu haben wir die Akzeptanz, Wirksamkeit und Nutzungspotenziale der Features fortlaufend untersucht und die Funktionen entsprechend optimiert. Durch die praxisorientierte Forschung ergaben sich viele neue Erkenntnisse für das Forschungsthema nachhaltiger Online-Konsum mit der seltenen Möglichkeit, vorhandene Theorien anwendungsbasiert zu überprüfen. Darüber hinaus wurde der ökologische Mehrwert des GCA unter Berücksichtigung der eigenen Emissionen berechnet und als positiv identifiziert.

Was waren die konkreten Ergebnisse Ihres Projektes?

Produktseitig sind als Ergebnis des Vorhabens vor allem die entwickelten, getesteten und implementierten Ecosia-Funktionen zur Förderung von nachhaltigen Konsumentscheidungen zu nennen: Such-Widgets, Unternehmensbewertungen, das Shoppingportal sowie Nachhaltigkeitsratgeber und der Nachhaltigkeits-Chatbot. Die Produktentwicklung zeigte jedoch mittelfristig, dass die meisten neuen Funktionen kaum Effekt auf die Kundenbindung von Ecosia hatten, d.h. Nutzer*innen nicht explizit wegen der Funktionen des GCA zu Ecosia kommen und demnach kein Business Case für Ecosia generiert werden konnte. Unsere qualitative Nutzerforschung legt nahe, dass aus Sicht von Nutzer*innen hierfür die Relevanz und Qualität der Suchergebnisse prioritär gesehen wird. Der Nachhaltigkeits-Chatbot und weitere interaktive Widgets konnten diesem Bedürfnis entgegenkommen und die User Journey verbessern, ohne den Fokus auf Nachhaltigkeitsziele zu vernachlässigen.

Forschungsseitig hatte das Projekt eine hohe wissenschaftliche Verwertbarkeit. Wir haben die Projektergebnisse in Form von Publikationen, Vorträgen, Lehrveranstaltungen oder Forschungsideen für zukünftige Forschungsvorhaben nutzbar gemacht und unsere Ergebnisse der interessierten Öffentlichkeit in Form von Podcasts, Interviews und Medienbeiträgen nähergebracht.

Wie geht es nun mit Ihrem Projekt weiter?

Einige der entwickelten Features werden bei Ecosia auch weiterhin Nutzer*innen mit Nachhaltigkeitsinformationen unterstützen. So wurden die Informationen zur Glaubwürdigkeit der Klimaversprechen großer Unternehmen in Kooperation mit der Organisation Net Zero Tracker erweitert und sind somit auch nach Projektende verfügbar. Auch der AI Chat wird den Nutzer*innen von Ecosia weiterhin zur Verfügung stehen. Einige der dahinterstehenden technischen Entwicklungen werden derzeit im Rahmen des EXIST Startups GreenDB inkubiert. Neben diesen wirtschaftlichen Verwertungen des Projekts sind alle wissenschaftlichen Ergebnisse in Form von Zeitschriftenartikel und Arbeitsberichten frei verfügbar und auf der Projektwebsite verlinkt. Die vielzähligen Forschungsfragen, die sich aus dem dreijährigen Forschungsprojekt Green Consumption Assistant ergeben haben, werden zudem in zukünftigen Projektanträgen und Forschungsprojekten aufgegriffen.

Kontakt

KI-Leuchttürme +49 30 72618 0618 E-Mail schreiben

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Projekt GCA

Frauenhand hält Mobiltelefon mit geöffneter Shopping App

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Illustration mit Leuchttürmen, Windrad und Menschen

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