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16.03.2024

Das Ökosystem digitaler Nachhaltigkeitsinfos im Textilsektor durchleuchtet

Prof. Dr. Christian Thorun und das ZuSiNa-Team wollen mit KI den Textilsektor nachhaltiger machen

Das KI-Leuchtturmprojekt ZuSiNa entwickelte ein Konzept, wie nachhaltiger Konsum im Onlinehandel durch digitale Informationswege gefördert werden kann. Projektkoordinator Prof. Dr. Christian Thorun (ConPolicy) berichtet, ob dies erreicht wurde.

Herr Thorun, was war das Ziel von ZuSiNa und was hat Sie und Ihr Team zu Beginn motiviert?

Der Ausgangspunkt für unser Vorhaben bestand darin, dass Nachhaltigkeitsthemen im Onlinehandel wenig präsent sind. Und das, obwohl Verbraucher*innen gern nachhaltig konsumieren würden. Gleichzeitig haben wir aus Gesprächen mit Unternehmen erfahren, dass auch sie Nachhaltigkeitsthemen vorantreiben und den Onlinehandel nachhaltiger machen möchten. Dass hier nicht mehr passiert, hat teilweise auch technische Gründe: Informationen über Nachhaltigkeit sind oft schwer verfügbar und müssen oft mit großem Aufwand händisch recherchiert werden. Für uns boten sich daher IT und KI als Lösungen für diese Herausforderungen an. Das wollten wir mit unserem Projekt angehen, und zwar gemeinsam mit den Akteur*innen, für die wir diese Lösungen entwickeln wollten, also mit Siegelorganisationen, Handelsunternehmen, Online-Akteuren wie Vergleichsportalen und Textilherstellern.

Was waren Herausforderungen und Hürden und wie sind sie damit umgegangen?

Erst einmal hat uns sehr gefreut, welchen Anklang ZuSiNa bei den Beteiligten gefunden hat. Wir hatten schon in der Antragsphase zehn Praxispartner*innen mit an Bord, und als das Projekt losging, haben wir noch deutlich mehr Zulauf gehabt. Wir hatten dann insgesamt 25 Praxispartner aus allen relevanten Bereichen – darunter etwa Amazon, Breuninger, OTTO, vaude oder idealo. Schwierig war an manchen Stellen die Umsetzung IT-technischer Lösungsansätze in der Praxis. Es zeigte sich, dass die eigentlichen Schwierigkeiten über die Technologie hinausgehen. Es braucht grundlegende unternehmerische und politische Entscheidungen, damit nachhaltigkeitsorientierte technologische Lösungskonzepte auch praktisch funktionieren. Beispielsweise haben wir erkannt, dass Verbraucher*innen besonders großes Interesse an Aspekten zur sozialen Nachhaltigkeit haben. Aber bisher gibt es eher wenig verlässliche Quellen, um diesen Informationsbedarf zu decken.

Welche konkreten Ergebnisse hat das Projekt geliefert?

Wir haben das Gesamtsystem digitaler Nachhaltigkeitsinformationen im Textilsektor analysiert und Konzepte und technische Lösungsansätze für eine stärkere Nutzung digitaler Informationswege erarbeitet. Hierzu haben wir einen Diskurs zwischen den Akteur*innen in Gang gesetzt, der hoffentlich auch nach Ende des Projekts weitergeführt werden wird. Konkret haben wir herausgearbeitet, welche Nachhaltigkeitsinformationen im Textilsektor Verbraucher*innen interessieren, welche Instrumente diesen Bedarf decken und welche technischen Lösungen hierfür angewendet werden können. Diese Ergebnisse und viele praktische Handreichungen haben wir in einem Online-Guide zusammengefasst. Die technischen Produkte des Projekts, etwa die Datenschnittstelle, stehen auf Github zum Download und zur weiteren Nutzung bereit, etwa der Prototyp der Datenschnittstelle und ein KI-Tool, um aus glaubwürdigen Quellen der Nachhaltigkeitsberichterstattung Verbraucherinformationen zu extrahieren.

Was wurde womöglich nicht erreicht?

Bei der Umsetzung in der Praxis gab es teilweise Grenzen. Wir haben beispielsweise eine Datenschnittstelle entwickelt, die es Siegelorganisationen ermöglicht, in Onlineshops und Vergleichsportalen Zertifizierungsinformationen digital zum Abruf bereitzustellen. Die Siegelorganisationen hatten hieran großes Interesse. Aber es hat sich gezeigt, dass viele die Datenschnittstelle nicht einsetzen können. Der Grund: Sie wissen nicht, welcher Artikel mit welcher Produkt-ID überhaupt mit ihrem Siegel zertifiziert ist. Diese Informationen liegen derzeit in der erforderlichen Genauigkeit nur den Herstellern vor. Das konnten wir mit unserem Projekt nicht ändern. Aber natürlich wird daran deutlich, dass den Siegelorganisationen schwierige Zeiten bevorstehen: Entweder sie lassen sich auf eine weitergehende Digitalisierung und die hiermit verbundenen Aufwände bei der Erhebung und Verarbeitung von Daten ein, oder sie riskieren, in einer zunehmend digitalen Wirtschaft an Bedeutung zu verlieren.

Wie geht es mit Ihrem Projekt weiter?

Es gibt großen Bedarf, das Thema „Nachhaltigkeitsinformationen im Textilsektor“ strategisch fortzuentwickeln. Die beteiligten Akteur*innen sind hoch motiviert, Nachhaltigkeit zu stärken. Dafür braucht es einen Dialogprozess, an dem die Politik wie auch Unternehmen und Zivilgesellschaft beteiligt sind. Wir sollten aktuelle politische Prozesse wie die Diskussion über den Digitalen Produktpass oder die Green-Claims-Richtlinie enger mit den praktischen Fragen verzahnen, an denen Nachhaltigkeitsinitiativen oft noch scheitern. Dazu zählen auch methodische Fragestellungen, wie z.B. die wissenschaftlich fundierte Entwicklung eines Textil-Scores. Wir hoffen, dass wir dies mit dem Projekt anstoßen konnten und dass insofern der von uns initiierte Dialogprozess nach Ende des Projekts noch an Schubkraft gewinnen wird.

Kontakt

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