Das KI-Leuchtturmprojekt CRTX nutzt Künstliche Intelligenz für eine nachhaltige Ressourcenverwendung in der Textilindustrie. Mit welchen Methoden dies gelingt, erklärt Dr. Karsten Pufahl von der Technischen Universität Berlin.
Was war das Ziel Ihrer Arbeit?
In der Vision zu unserem Projekt heißt es: „Wir stellen uns eine Welt vor, in der jedes Produkt und Material endlos zirkuliert und immer seinen höchsten Wert behält.“ Genau diesen Ansatz haben wir uns bei der Projektarbeit zum Ziel gemacht und zwar in einem der weltweit größten Industriezweige – der Textilindustrie. Die enormen Materialströme der Textilindustrie zukünftig in einem Kreislauf zu führen und nicht länger zu entsorgen, hat das Potenzial, große Mengen an Treibhausgasen und Umweltschadstoffen zu vermeiden. Damit können wir den Weg für eine nachhaltige Modeindustrie ebnen.
Wann hatten Sie die Idee für Ihr Projekt und was hat Sie persönlich motiviert?
Ich komme aus der Grundlagenforschung und habe in Physik promoviert. Nach meiner Promotion wollte ich etwas mit Fokus auf die Anwendung machen. Der Aufruf der Förderinitiative KI-Leuchttürme kam da genau zur richtigen Zeit. Die Idee, das Thema Alttextilsortierung anzugehen und dabei state-of-the-art Ergebnisse aus der Wissenschaft einfließen zu lassen, entstand bei einem Bier mit unserem Verbundpartner circular.fashion. Durch die Fördermöglichkeit entwickelte sich der notwendige Druck, Nägel mit Köpfen zu machen und das Projekt anzugehen. Es motiviert mich, mit so viel wissenschaftlicher Freiheit diesem Thema zu begegnen. Außerdem habe ich ein interdisziplinäres Team, das einen breiten Hintergrund hat und viele Perspektiven und Ideen einbringt. Das macht Freude...
Was waren Herausforderungen und Hürden und wie sind Sie damit umgegangen?
Unsere Arbeit, die in vielen Bereichen auch Hardware erfordert, war durch die Halbleiterkrise stark beeinflusst. Vieles war einfach nicht verfügbar oder hatte Lieferzeiten von mehr als einem Jahr. Hier mussten wir umplanen und haben, wo es möglich war, gebrauchte Komponenten eingekauft – ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft.
Welchen Impact hat Ihr Projekt mit Blick auf den Klima- bzw. Umweltschutz?
Ziel der von uns entwickelten Technologien und Verfahren ist es, den Sortierprozess in der Textilindustrie zu verbessern. Eine bessere Sortierung führt zu einer höheren Verwertungsquote für Secondhand-Ware und somit zu mehr Weiternutzung von Textilien.
Was waren die konkreten Ergebnisse Ihres Projektes?
Wir haben zwei automatisierte Verfahren zur Sortierung von Alttextilien entwickelt. Das erste nutzt die so genannte Raman-Spektroskopie, um die molekulare Zusammensetzung von Textilien zu erkennen und diese entsprechend zu sortieren. Das ist wichtig, damit spätere Recyclingverfahren, die aktuell noch in den Kinderschuhen stecken, gebrauchte Textilien verwerten können. Das zweite Verfahren nutzt eine KI, die mittels Bilddaten wichtige Informationen über das Textil gewinnt. So erkennen wir die Qualität des Textils, den Typ, die Farbe und den Hersteller und können eine optimierte und objektive Sortierentscheidung treffen.
Wie geht es nun mit Ihrem Projekt weiter?
Nach der initialen Förderung durch das Bundesumweltministerium konnten wir im letzten Jahr ein Folgeprojekt des Bundeswirtschaftsministeriums akquirieren (fashionsort.ai) und haben mit Remondis nun einen starken Partner aus der Abfallverwertung an Bord. In dem Projekt forschen wir weiter an der Erkennung von Defekten und speziellen Merkmalen. Parallel dazu gründen wir gerade das Start-Up reverse.fashion, das die Resultate in die Anwendung bringen und so den gewünschten Impact entfalten soll.