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04.03.2024

Nachhaltigkeitsaspekte von KI mehr in den Blick nehmen“

Dr. Manuel Bickel

Technologiemetalle sind grundlegende Bausteine für KI-Anwendungen. Das KI-Leuchtturmprojekt MetallKIDD untersuchte, wie KI ein nachhaltiges Metallmanagement unterstützen kann. Hierüber berichtet Projektleiter Dr. Manuel Bickel vom Wuppertal Institut.

Herr Dr. Bickel, wie nachhaltig sind derzeit KI-Lösungen?

Dr. Manuel Bickel: Hinsichtlich der Entwicklung von KI werden Technologietrends derzeit zwar verfolgt und gefördert, aber die Nachhaltigkeitsaspekte werden noch nicht ausreichend in den Blick genommen. Das heißt, es werden technologische Stränge gefördert, ohne dabei die Verfügbarkeit der Ressourcen und die Umweltwirkungen als Entscheidungskriterien ernsthaft zu integrieren. Es zeichnet sich ab, dass wir insbesondere bei Metallen auf Verfügbarkeitslücken zulaufen. Ziel des Projektes MetallKIDD war es daher, die Entwicklung von KI aus der ökologischen Perspektive zu betrachten und mögliche Lösungen für eine Abschätzung von Ressourcenbedarfen durch KI zu entwickeln.

Welche Lösung für eine Abschätzung des Ressourcenbedarfs haben Sie und Ihr Team erarbeitet?

Ganz konkret haben wir ein Tool entwickelt, mit dem der Metallbedarf für verschiedene KI-Lösungen abgeschätzt werden kann. Wir haben also einen Prototyp ausgearbeitet, mit dem Anwender*innen herausfinden können, wieviel Technologiemetalle eine KI-Lösung braucht. Dabei haben wir uns auf den Anwendungsfall Smartphone und KI-Modell im Hintergrund konzentriert. Das Modell wäre aber auch etwa auf Staubsaugerroboter anwendbar.

Warum sind Informationen über den Metallbedarf bei der Anwendung von KI so wichtig?

Nehmen wir zum Beispiel ChatGPT: Jede Person kann der KI Fragen stellen und erzeugt damit hohe Energiebedarfe. Im Gegensatz zu einem gezielten Einsatz in Unternehmen, wo durch KI beispielsweise Sortierprozesse gesteuert werden. Die Überlegung war also, wie viele große KI-Modelle es in Zukunft geben wird, deren Training und Anwendung sehr energie- und ressourcenintensiv sind. Das bedeutet, je mehr dieser Modelle genutzt werden, umso größer ist die Ressourcenknappheit, insbesondere bei unkontrollierter oder wenig restriktiver Nutzung.

Wir wollten aufzeigen, wie KI entlang der Wertschöpfungskette genutzt werden kann, um das Metallmanagement zu verbessern. In diesem eher praxisorientierten technischen Ansatz wurde eine Potenziallandkarte mit einzelnen Beispielen entlang der Wertschöpfungskette vom Design bis hin zum Recycling erarbeitet: Für jede Stufe entlang der Wertschöpfungskette haben wir ein bis zwei Beispiele recherchiert, die konkret veranschaulichen, wie mit KI-Lösungen das Metallmanagement verbessert werden kann.

Warum spielt Metallmanagement in der Wertschöpfungskette eine so große Rolle?

In Elektronikprodukten wie Laptops oder Smartphones wird eine große Vielzahl von Metallen verwendet. So enthält zum Beispiel eine Platine zwischen 40 und 60 Metalle. Viele dieser Metalle gehen in Recyclingprozessen zum Beispiel in der Schlacke verloren, da die geringen Konzentrationen und die extreme Vermischung eine wirtschaftliche Abtrennung und Rückgewinnung aller Elemente nicht erlauben. Es bedarf daher guter Lösungen, um diese Metalle rückzugewinnen und in der Nutzung halten zu können. So kann schon zu Beginn der Wertschöpfungskette, also während es Produktdesigns, eine bestimmte Mischung von Metallen vermieden werden, um die Recyclingfähigkeit zu erhöhen.

Ziel des Projektes war es mittels KI die Entsorgung elektronischer Geräte nachhaltiger zu gestalten?

Aktuell ist es so, dass zum Beispiel eine Platine einfach im Recyclinghof mit einem Schredder zerkleinert und anschließend in eine Recyclingroute gegeben wird. Wenn ich aber im Vorfeld wüsste, dass eine Platine besonders viel Wolfram enthält, kann ich sie schon im Design vorsortieren, sodass es sich im Recyclingprozess lohnt, das Wolfram extra herauszuholen. Dafür hat das Fraunhofer IOSB ein Technologiekonzept erarbeitet und einzelne Erkennungsverfahren getestet, z.B. um bestimmte metallhaltige Komponenten optisch zu erkennen und besser sortieren zu können.

Auf welche Herausforderungen sind Sie während der Projektumsetzung gestoßen?

Die größte Herausforderung war es, eine Datenbasis zu finden, die realistische Ergebnisse erzeugt. Da es sich bei elektronischen Produkten um technische Detailinformationen handelt, ist es schwer, an öffentliche Daten zu kommen. Hier wäre eine stärkere Vernetzung mit der Elektronikindustrie in der Zukunft sehr wünschenswert. Wir hätten im Projekt gerne der lösungsorientierten Perspektive mehr Raum gegeben, aber es war schwierig ohne genügend Daten konkreter zu werden.
Zudem beschränken sich Förderungsprojekte dieser Art auf deutsche Unternehmen. Wir haben aber internationale Lieferketten in der Elektronikindustrie. Viele Bauteile kommen aus dem Ausland, sodass wir keine Informationen über Inhaltsstoffe, insbesondere die verwendeten Metalle, bekommen.

Wie sind bei wenig optimaler Datenlage Schätzungen zum Ressourcenbedarf möglich?

In diesem Fall sind nur ungefähre Abschätzungen möglich. Zum Beispiel haben wir das Fairphone als Basis benutzt, um ein Smartphone zu modellieren, weil sie die Datenbasis sehr transparent kommunizieren. Aber auch hier sind wir in Teilen an unsere Grenzen gekommen. Wir konnten nur mit generischen Daten arbeiten und zudem ist die Technologieentwicklung auf dem Markt für elektronische Produkte sehr dynamisch. Hier ist die Realität nur begrenzt abbildbar. Wenngleich keine Detailmodellierung möglich war, konnten wir dennoch richtungssichere Aussagen treffen, die zur Orientierung hilfreich sind.

Hätte die ungenügende Datenlage besser gelöst werden können?

Für solche größeren Förderprogramme bräuchte es in Zukunft eine Datenstrategie im Vorfeld der Projektumsetzung. Das heißt eine Verbindung der Daten über verschiedene Projekte hinweg. Wir haben ja viele KI-Leuchtturmprojekte: Hier wäre zusätzlich zu den übrigens sehr gut organisierten Netzwerkstreffen durch die ZUG GmbH ein strukturierterer Austausch zu Ressourcenbedarfen zielführend gewesen. Wir merken auch in der Arbeit mit dem Green AI Hub Mittelstand, dass es selbst in direkter Zusammenarbeit mit Unternehmen schwierig ist, eine Metallbilanz zu erarbeiten. Denn dafür ist gesellschaftlich noch nicht genügend Problembewusstsein vorhanden, der Fokus auf Metalle gesamtgesellschaftlich noch nicht verankert. Grundsätzlich müssen wir uns also die Frage stellen: Wie sollen wir gesamtgesellschaftlich zusammenarbeiten bzw. interagieren, um KI nachhaltig zu nutzen?

Wie wollen Sie das Thema gesellschaftlich verankern?

Dafür haben wir im Projektverlauf politische Handlungsempfehlungen erarbeitet und diese in einen Prozess der Ressourcenkommission am Umweltbundesamt (KRU) mit einfließen lassen. Das Ergebnis des Prozesses wird als Thesenpapier „10 Thesen zur Zukunft der Metalle“ veröffentlicht, sodass die Thematik mehr in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Es gibt bestimmte Grenzen bezüglich der Ressourcen, die wir berücksichtigen müssen. Wir wollen zeigen, dass KI einen deutlichen Anteil an der Ressourcennutzung und signifikante ökologische Folgen haben kann, wenn wir nicht darauf achten, wie wir KI als Konsument*innen nutzen.

Kontakt

KI-Leuchttürme +49 30 72618 0618 E-Mail schreiben

Sprechzeiten

Mo - Fr: 10 - 12 Uhr und 14 - 16 Uhr

Projekt MetallKIDD

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Illustration mit Leuchttürmen, Windrad und Menschen

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