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19.02.2024

„KI im Lebenszyklus braucht eine große Datenbasis“ – Interview mit Dr. Andreas Ciroth

Eine digitale Lebenszyklusakte zu entwickeln, um Lebenszyklen in der Kreislaufwirtschaft zu verbessern, war Ziel des KI-Leuchtturmprojekts ReCircE. Projektkoordinator Dr. Andreas Ciroth (GreenDelta GmbH) berichtet über die Herausforderungen.

Herr Ciroth, wie würden Sie den Innovationscharakter des Projekts beschreiben?

Das Prinzip Lebenszyklusakte war noch neu, als das DFKI, unser Kooperationspartner, mit der Projektideen auf uns zukam. Und die KI-Lösung dabei ist sehr interessant. Die Cloudbasierte Lebenszyklusakte soll Informationen mit Produzenten und Entsorgern teilen, um mit den gesammelten Daten eine recycling-freundlichere Produktentwicklung zu unterstützen. Das KI-System kombiniert die Daten mit den Sensordaten einer Sortieranlage und verbessert so die Präzision und Effizienz des Sortiervorgangs. Dadurch waren geringere Ausschussmengen und höhere Produktqualitäten zu erwarten. 

Gab es besondere Herausforderungen?

Das Projekt hat sich im Verlauf verändert. Der zunächst angedachte Partner aus der Papierindustrie ist zu Beginn ausgestiegen. Wir haben es dann geschafft, einen Regensburger Verein als neuen Partner zu finden. Der brachte Smartphones als Testprodukt ins Projekt. Das war sogar unerwartet positiv. Denn Smartphones sind ein kompliziertes Produkt. Und deshalb auch herausfordernder und lohnender für das Projekt. Gerade dort sind Einsparungen bei Ressourcen zu erwarten, die Sortierung ist komplizierter und nicht zuletzt passt eine Lebenszyklusakte besser zur Aufnahme von Informationen über den Lebensweg eines Smartphones als beispielsweise den einer Papiertüte.

Wie sah die Arbeit konkret aus?

Es wurden zunächst Daten gesammelt. Wir haben die KI trainiert mit den Daten der Smartphones. Für die einzelnen Geräte wurden Datensätze angelegt. In der Lebenszyklusakte werden Informationen zum Produkt und Produkt-Lebenszyklus hinterlegt. Dazu gehören bspw. die beim Herstellungsprozess verwendeten Materialien und deren Eigenschaften. Das war erst einmal ein langwieriger Prozess.

Was dann?

Die Informationen werden für die Materialrückgewinnung – also für die Sortierung, das Recycling und die anschließende Wiederverwertung nutzbar gemacht. Zur Sortierung des Abfalls kam eine digitalisierte sensorgestützte Sortieranlage zum Einsatz. Die Sortieranlage besitzt miteinander kombinierbare Sensoren zur Farb- bzw. Formerkennung, Nahinfrarot-Sensoren sowie Metalldetektoren. Auf Basis gegebener Sensordaten und den Informationen aus der digitalen Lebenszyklusakte wurde der Sortierprozess optimiert. Hierfür wurden KI-Entscheidungsmodelle unter Einsatz maschineller Lernverfahren erstellt, die es erlauben, spezifische Sortierregeln, auch unter Einbezug von Hintergrundinformationen wie Unverträglichkeiten zwischen Materialien, automatisch zu generieren. So kann der Recyclingprozess verbessert werden. So soll zum Beispiel im Vorhinein abschätzbar sein, welche Verwertung, also etwa die Qualitätsstufe der Sortierung in Gegenüberstellung des ökonomischen und ökologischen Aufwands, geeignet ist.

Wie geht es weiter?

Wir haben festgestellt: Es gibt großes Interesse daran, die Kreisläufe von Geräten und Bauteilen zu erhöhen. Das DFKI und die TU Darmstadt nutzen das Prinzip aus dem Projekt auch in anderen Bereichen. Wir selbst nutzen das Konzept und die Idee für andere Projekte, aber dann mit anderen KI-Lösungen. Weil das Thema ja interessant ist. Stand jetzt ist es aber noch nicht so weit, dass es in der Breite genutzt werden könnte. Ein Problem ist die Datenbasis: Da das Projekt dann doch eher eingeschränkt auf relativ gleichartige Smartphones ausgerichtet war, lässt es sich nicht einfach auf andere Fälle übertragen.

Was bräuchte es, damit die Lösung in die Breite gehen kann?

Was wir jetzt brauchen, ist eine Datenbank für verschiedene Produkte. Es müssten für viele verschiedene Produkte entsprechende Daten erhoben und aufbereitet werden. So könnte man zum Beispiel archetypische Produktfälle entwickeln: Für den Fall sieht es so aus, für den Fall sieht es so aus und so weiter. Dann werden dazu konkrete Daten in der Praxis gesammelt. Damit wäre es dann möglich, eine KI-Anwendung tatsächlich mit vielen Daten zu füttern und zu trainieren. Und dann könnte man die Lebenszyklusakte auch mit Open-Source-Anwendungen kombinieren, die weiterverbreitet werden. Eben diese große Datenbasis wäre ein wichtiger Anreiz, damit es für die praktische Anwendung und weitere Projekte interessant wird.

Kontakt

KI-Leuchttürme +49 30 72618 0618 E-Mail schreiben

Sprechzeiten

Mo - Fr: 10 - 12 Uhr und 14 - 16 Uhr

Projekt ReCircE

In einer Recyclinganlage wird Müll auf einem Förderband transportiert

KI-Leuchttürme

Illustration mit Leuchttürmen, Windrad und Menschen

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