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26.06.2023

„Die KI muss sich am Unbekannten messen lassen“ – Interview mit Anwar Al Assadi

Anwar Al Assadi

Anwar Al Assadi ist Gruppenleiter am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA. Im KI-Leuchtturmprojekt DESIRE4ELECTRONICS entwickelt er einen KI-Demonstrator, der Elektroschrott sortieren und demontieren soll.

Wie er gemeinsam mit mehreren Partnern zu dieser Idee kam, welche Herausforderungen auftauchen und was ein wichtiger Meilenstein wäre, das berichtet er im Interview.

Herr Al Assadi, wie kam es zur Idee für DESIRE4ELECTRONICS?

Mir ist irgendwann die Statistik begegnet, wie viel Elektroschrott wir alle pro Jahr verursachen. Es ist sehr viel! Und dann haben wir zu Hause ausgemistet und waren auf dem Wertstoffhof. Ich habe dort den großen Haufen Elektroschrott gesehen und gedacht: Das ist eine Herausforderung, der ich mich fachlich stellen möchte. Am Fraunhofer IPA, ich arbeite in der Abteilung für Roboter- und Assistenzsysteme, habe ich mich damals mit Batteriesystemen beschäftigt, speziell mit dem Lösen von Schrauben. Wir gingen das Problem anwendungsorientiert an und haben Schritt für Schritt überlegt: Es ist eine Schraube, die wir lösen wollen. Diese müssen wir irgendwie erkennen. Dann müssen wir einen Roboter in eine bestimmte Richtung bewegen. Und dann kam der Gedanke: Wir brauchen dazu lernende Systeme und eine Assistenz, die dem Roboter zeigt, wie seine Aufgabe aussieht, damit er sie erledigen kann. Da kam die Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel.

Was bewirkt ihr Projekt im Bereich Nachhaltigkeit?

Es gibt da den sozialen Aspekt: In einem Land wie Deutschland wird kaum Elektroschrott demontiert. Es ist eine monotone und anstrengende Aufgabe. Dafür finden die Betriebe kaum Arbeitskräfte. Dann wird der Elektroschrott teilweise illegal gehandelt und exportiert. Und wird in anderen Regionen der Welt per Hand unter fragwürdigen Arbeitsbedingungen auseinandergenommen. Hinzu kommt der Umweltaspekt: Eine klassische Methode des Recyclings ist, den Schrott zu schreddern. Dabei entstehen Granulate, die aber nicht mehr einen gewissen Grad der Reinheit aufweisen. Man kann sie nicht mehr gut weiterverarbeiten. Wenn ich aber das Kunststoffgehäuse eines Geräts komplett abtrenne, kann ich es viel besser verwerten. Ich kann es einschmelzen und wieder neuen Kunststoff herstellen. Das Ausgangsmaterial bleibt im Kreislauf. Oder ich kann ein noch intaktes Bauteil wie zum Beispiel einen Motor aus einem Roboterstaubsauger einfach wieder komplett neu verbauen.

Welche Herausforderungen stellen sich innerhalb des Projekts?

Es eröffnen sich laufend neue Fragestellungen und wir stellen immer wieder fest, dass wir gern mehr tun würden. Die Arbeit geschieht in kleinen Schritten. Unser Team hat nun die ersten zehn Roboterstaubsauger im Labor zerlegt und festgestellt: Das ist eine sportliche Aufgabe. Demnächst kommen die nächsten 30 Stück, um die Stichprobe etwas breiter zu machen. Die Aufgaben werden also größer – und das nehmen wir gerne an.

Wo sehen Sie Ihr Projekt in fünf Jahren?

Ein großer Meilenstein für uns wäre, dass wir eine Anlage bei einem Recyclingunternehmen aufbauen und dort direkt vor Ort die KI an vielen unterschiedlichen Teilen trainieren bzw. evaluieren lassen. Denn das ist das Spannende: Es kommt ein unbekanntes Teil und daran muss sich die KI messen lassen. Damit kommen wir unserem Ziel näher, dass weniger Elektroschrott exportiert wird, Menschen ihn nicht mehr unter fragwürdigen Umständen auseinander bauen müssen und wir beispielsweise Kunststoffteile wirklich wiederverwenden.

Ein Vortragender

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Bitte ergänzen Sie:

„KI und Nachhaltigkeit sind …“

… wichtige Partner. KI kann Nachhaltigkeit und eine nachhaltige Prozessgestaltung vorantreiben.

„Das Gute an KI ist: …“

…  Sie kann uns repetitive Aufgabe abnehmen, beispielsweise in der Qualitätskontrolle.

„Das Schlechte an KI ist, …“

… dass KI nur so gut ist wie wir sie auslegen und so gut wie die vorliegenden Datensätze, die für sie beigesteuert werden. „Schlechtes“ Ausgangsmaterial ergibt auch schlechte KI.

„Ein KI-Leuchtturmprojekt zu sein bedeutet …“

… eine Ehre für uns und eine ambitionierte Aufgabe, die vor uns liegt.

Vielen Dank!

DESIRE4ELECTRONICS ist eines von 16 neuen Projekten der Förderinitiative KI-Leuchttürme für Umwelt, Klima, Natur und Ressourcen. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) fördert das Projekt mit rund 1.700.000 Euro.

Kontakt

KI-Leuchttürme +49 30 72618 0618 E-Mail schreiben

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Mo - Fr: 10 - 12 Uhr und 14 - 16 Uhr

Projekt DESIRE4ELECTRONICS

Ein Schraubendreher über einem Gerät

KI-Leuchttürme

Illustration mit Leuchttürmen, Windrad und Menschen

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