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13.02.2024

Brückenschlag zwischen KI-Forschung und den Umwelt- und Erdsystemwissenschaften – Interview mit Dr. Martin Schultz

Erdansicht vom Weltraum aus fotografiert

Das KI-Leuchtturmprojekt KISTE bereitet mithilfe von KI-Verfahren Umweltdaten auf, um Umweltveränderungen wie etwa Hochwasser oder Dürre abbilden zu können. Wir sprachen mit Projektleiter Dr. Martin Schultz über die Herausforderungen.

Welche Ziele konnten Sie erreichen?

Zurückblickend konnten wir insgesamt drei Ziele erreichen: Erstens konnten wir den Mehrwert von KI für den Umweltschutz deutlich machen und wissenschaftlich belegen. Wir haben neue Methoden zum Beispiel in der Datenanalyse entwickelt und damit die Anwendungsbereiche für den Umweltschutz erforscht. Ganz konkret bedeutet das: Mit bestimmten KI-Modellen können wir jetzt Regenfälle oder Erdrutsche aus Fernerkundungsdaten in Kombination mit weiteren Umweltmessungen präziser vorhersagen.

Ein weiteres wichtiges Ziel war es, maschinelles Lernen auch technisch zu unterstützen und das Training von KI-Modellen zu vereinfachen.

Und das dritte große Ziel von KISTE (KI Strategie für Erdsystemdaten) war die Vernetzung: Zu Projektbeginn war die Kluft zwischen den einzelnen Forschungsgebieten noch sehr groß. Ein Schwerpunkt des Projektes war es also, die Vernetzung und den Austausch zwischen den Forschenden voranzutreiben und ein interdisziplinäres Forschungsumfeld zu schaffen. Das ist uns sehr gut gelungen. Mittlerweile arbeiten fünf Doktorand*innen fachlich gut vernetzt an ihren Dissertationen. Wir konnten also im Projekt einen hohen wissenschaftlichen Output generieren. Ergänzt wird der Austausch durch die E-Learning-Plattform „KISTE Education“.

Rückblickend kann ich sagen, dass wir alle uns gesteckten Ziel erreichen konnten. KI-Themen in Bezug auf Umweltschutz waren vor drei Jahren noch gar nicht so gesetzt. KISTE war hier ein Motor und hat das Interesse an diesen Themen vorangetrieben. Mit KISTE haben wir eine Brücke zwischen der KI-Forschung und den Umwelt- und Erdsystemwissenschaften gebaut.

Welche konkreten Ergebnisse hat das Projekt geliefert?

Neben der Vernetzung von Forschenden aus interdisziplinären Gebieten und deren Publikationen in Fachzeitschriften konnten wir in der Projektlaufzeit zwei Plattformen aufbauen:

Mit „Mantik“ haben wir eine browserbasierte KI-Plattform entwickelt. Sie unterstützt Maschinelles Lernen und das Training von Modellen. Anwender*innen können hier umweltbezogene KI-Modelle auf einem Cloud-Server selbst konfigurieren, z.B. für die Vorhersage eines Risikogebiets für Erdrutsche aus vorhandenen Umweltdaten. Über die KI-Plattform können sie die Ergebnisse der Modellierung dann auch für andere verständlich visualisieren.

Und die E-Learning-Plattform „KI:STE education“ steht jetzt zur Verfügung. Sie ist für Studierende, Lehrende und interessierte Personen, die sich mit dem Thema KI für Umweltschutz bzw. Umweltdatenanalyse beschäftigen. Die Plattform ist offen und frei zugänglich und dokumentiert die Forschungsergebnisse des dreijährigen Projekts und bietet Kurse zu Konzepten und Methoden in den Forschungsbereichen: Wolken (eine bessere Planbarkeit der Verfügbarkeit von Solarenergie, Boden (eine verbesserte Vorhersage von Erdrutschen und deren Auswirkungen), Wasser (Vorhersagen von Dürren oder Überflutungen), Luftqualität und Vegetation an.
Enthalten sind auch Kurse zu Methoden, Machine Learning und Datenanalyse im Feld der Umweltwissenschaften. Die Forschungsarbeiten, die während der Projektlaufzeit starteten, sind methodisch und thematisch sehr breit aufgestellt.

In den letzten drei Jahren ist in dem Themenfeld KI und Umweltschutz sehr viel passiert. Zu Beginn waren wir noch ein echter Pilot. Mittlerweile gibt es viele Firmen, die ähnliche Produkte entwickelt haben. Aber unser Alleinstellungsmerkmal ist der interdisziplinäre Austausch und die Vernetzung. Wir sind mit dem Projekt KISTE auf großes Interesse gestoßen. 

Was waren Herausforderungen und Hürden mit denen Sie nicht gerechnet haben und wie sind sie damit umgegangen?

Bei der „KI:STE education platform“ haben wir ehrlicherweise den Aufwand unterschätzt, eine E-Learning-Plattform zu produzieren. Es waren doch einige Abstimmungen mit dem externen Dienstleister notwendig. Wir mussten uns erst über Inhalte und Form der Kurse verständigen, da es hier zu Beginn recht unterschiedliche Vorstellungen über Kursformate gab. Im Nachhinein würde ich sagen, wir hätten den Dienstleister früher und besser anleiten müssen.

Auch ging die Entwicklung der Mantik-Plattform anfangs in eine etwas andere Richtung als geplant. Hier stellte sich nach etwa einem Jahr heraus, dass das ursprüngliche Ziel, KI-Modelle zu speichern und den Trainingsprozess zu überwachen, inzwischen von anderen Anbietern mit freien Tools verfügbar wurde. Aus diesem Grund fand der erste Entwurf von Mantik dann auch wenig Resonanz bei den Wissenschaftlern. Daher wurde die Entwicklung dann neu konzipiert und es wurde eine deutlich kompaktere Plattform gebaut, die es vor allem auch ermöglicht, große Modelle auf Supercomputern zu trainieren und den gesamten Workflow zu steuern. Die Überwachung des Modelltrainings findet nun unter Nutzung eines freien Tools statt. Es wurden dann am Ende noch drei der KISTE KI-Anwendungen auf die Mantik-Plattform gebracht, wo sie registrierten Nutzern jetzt als Basis zur Verfügung stehen.

Wie geht es mit den Ergebnissen oder gar mit dem Projekt weiter?

Die Mantik Plattform wird in anderen Zusammenhängen kommerziell von Ambrosys weiterbetrieben und steht auch für KI-Anwendungen aus dem Umweltbereich weiter zur Verfügung.

Die E-Learning-Plattform „KI:STE education platform“ steht nach Projektende für die Allgemeinheit zur Verfügung [auf das Video verweisen youtu.be/WtLBMkUrRAI]. Wir wünschen uns natürlich, dass sich Auftragnehmerinnen aus Forschung bzw. dem Umweltbereich finden, um die „KI:STE education platform“ weiterzuführen. Der Geoverbund ABC/J und das Center for Earth System Observation and Computational Analysis (CESOC) Geoverband haben Interesse an einer Weiterführung. Es gibt bislang jedoch keine konkreten Vereinbarungen.

Was wünschen Sie sich für die zukünftigen Projekte bzw. was hätten sie sich nachträglich für ihr Projekt anders gewünscht?

Auch für künftige Projekte wünsche ich mir eine gute Vernetzungsarbeit wie bei KISTE. Was ich mir nachträglich für unser Projekt gewünscht hätte, ist ein besseres Projektmanagement mit mehr Ressourcen dafür. Wir haben zugegeben die Komplexität der Projektorganisation unterschätzt. Zu Beginn lag der Fokus zu sehr auf der Vernetzung und wir sind daher vielleicht etwas zu spät in die Entwicklung der Plattformen gegangen. Trotzdem sind wir am Ende mit den Resultaten sehr zufrieden und haben, alle Ziele erreicht.

Kontakt

KI-Leuchttürme +49 30 72618 0618 E-Mail schreiben

Sprechzeiten

Mo - Fr: 10 - 12 Uhr und 14 - 16 Uhr

Projekt KISTE

Ansicht der Erde vom Weltraum aus

KI-Leuchttürme

Illustration mit Leuchttürmen, Windrad und Menschen

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