Zum Hauptinhalt springen
17.09.2024

„Der Zukunft ein Stück näher gerückt“

Zukunftswettbewerb nachhaltige Mobilität: Oliver Götze und Lisa Nieße entwickeln mit Hilfe der BMUV-Förderung neue Ideen für den Verkehr von morgen.

Zukunftswettbewerb nachhaltige Mobilität – Im Interview skizzieren Oliver Götze, Leiter des Bauamts der Stadt Burgwedel, und Stadtplanerin Lisa Nieße, welche Impulse das Förderprogramm vor Ort setzt.

Die niedersächsische Stadt Burgwedel forscht mit Unterstützung des Bundesumweltministeriums nach Konzepten für die Mobilität von morgen. Im Rahmen des Zukunftswettbewerbs nachhaltige Mobilität wird das Projekt „mobil ans #werk“ umgesetzt, das den Bahnhof Burgwedel zum Dreh- und Angelpunkt nachhaltiger Mobilität in der Region machen soll. Wichtige Bausteine für das Konzept sind dabei sogenannte Mobilpunkte. Im Rahmen einer Planungswerkstatt für diese, erhalten Bürger*innen aus der Region am 24. September die Gelegenheit, zur Planung beizutragen. Im Interview sprechen Oliver Götze, Leiter des Bauamts der Stadt Burgwedel, und Lisa Nieße, Stadtplanerin beim umsetzenden Unternehmen plan zwei, über die anstehende Veranstaltung, die Bedeutung von Bürgerbeteiligung und die Rolle von Virtual-Reality-Anwendungen dafür.

Herr Götze, was wünschen Sie sich für die anstehende Planungswerkstatt in Burgwedel?

Oliver Götze: Die im Zuge unseres Projektes „mobil ans #werk“ geplanten Mobilpunkte sollen zu den Bedürfnissen und Anforderungen möglichst vieler Menschen passen. Dafür müssen viele unterschiedliche Stimmen gehört werden. Für Kinder soll es ebenso einen Mehrwert geben wie beispielsweise für Pendler*innen, die sich jeden Morgen auf den Weg zur Arbeit machen. Uns ist für die Planungswerkstatt wichtig, nicht ein fertiges Produkt vorzustellen, sondern Mobilpunkte vorzuschlagen, die sich noch aufgrund von Bürgerbeteiligung und mit Hilfe von guten Ideen und weiteren Anregungen entwickeln können. Insofern wünsche ich mir, dass viele unterschiedliche Menschen an der Planungswerkstatt teilnehmen und ihre Bedarfe möglichst klar umreißen.

Frau Nieße, was erwartet die Teilnehmer*innen auf der Veranstaltung?

Lisa Nieße: Wir haben in den zurückliegenden Monaten erste Entwürfe für die sogenannten Mobilpunkte entwickelt, die wir nun gemeinsam mit der Öffentlichkeit besprechen möchten. Bei der Veranstaltung zeigen wir, wie so ein Mobilpunkt aussehen könnte, welche Mobilitätsangebote und Services dazugehören – und vor allem, welchen Mehrwert er für die Belebung der Ortskerne bieten kann.

Besonders wichtig ist uns die Einbindung der Menschen vor Ort. Schließlich sind es die Bewohner*innen von Burgwedel, die diese Mobilpunkte später nutzen werden. Dafür haben wir zunächst die eingesammelten Rückmeldungen der Bürger*innen in die Entwicklung unserer Prototypen einfließen lassen. Jetzt möchten wir erneut vor Ort ins Gespräch kommen, um zu hören, wie diese Prototypen eingeschätzt werden und welche Anpassungen vielleicht nötig sind. So stellen wir sicher, dass die Bürger*innen in allen Planungsphasen beteiligt sind.

Ein besonderes Highlight der Veranstaltung wird das interaktive Erleben der Mobilpunkte in einem 3D-Modell sein. Die Teilnehmer*innen können mit einer VR-Brille oder über eine Webanwendung die Mobilpunkte direkt am vorgesehenen Standort im Zentrum der Ortsteile entdecken.

Herr Götze, welche Bedeutung messen Sie der Beteiligung der Bürger*innen bei? Und wie schätzen sie die Möglichkeiten der Virtual Reality dabei ein?

Oliver Götze: Mobilität betrifft alle. Nicht nur Auto- oder Radfahrende. Nicht nur der Schulverkehr oder der Pendelverkehr. Sondern auch die vielen kleinen alltäglichen Wege dazwischen. Das war eine wesentliche Erkenntnis aus der frühen Projektphase. Insofern ist die Beteiligung der Bürgerinnen im Kontext der Mobilitätswende ein sehr wichtiger Baustein gewesen. In Hinblick auf die Möglichkeiten der Virtual Reality: Es kann helfen, wenn abstrakte Ansätze oder Pläne über Bauwerke greifbarer beziehungsweise erlebbar gemacht werden. Hier kann aus meiner Sicht auch zukünftig der Einsatz von Virtual Reality ein wichtiger Baustein für den Umgang mit Umgestaltungsmaßnahmen sein.

Frau Nieße, wie wichtig ist die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Erfolg von innovativen Verkehrsprojekten insgesamt?

Lisa Nieße: Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist absolut entscheidend für den Erfolg von innovativen Verkehrsprojekten. Ohne die Menschen können wir die Mobilität für die Menschen nicht verändern. Deshalb haben wir gezielt viele Impulse in diesem Bereich gesetzt. Ein Beispiel ist das von uns gegründete Mobilitätsforum, das aus 15 Bürger*innen aus allen Ortschaften Burgwedels besteht und über mehrere Monate hinweg gemeinsam Grundsätze der zukünftigen Mobilität im Ort entwickelt hat.

Es reicht nicht aus, einfach nur neue Infrastrukturen zu bauen. Wenn die Menschen diese dann nicht nutzen, bringen sie nichts. Die Mobilitätswende muss in den Köpfen der Menschen stattfinden, bevor sie auf der Straße ankommt. Aus diesem Grund setzen wir bei „mobil ans #werk“ übrigens eine gezielte Untersuchung der Akzeptanz unter anderem mit einer Umfrage durch die TU Dortmund um.

Herr Götze, die Förderung für das Projekt „mobil ans #werk“ läuft noch bis Ende 2024. Was haben Sie in Burgwedel bisher schon mitgenommen? Und wie blicken Sie nach vorne?

Oliver Götze: Zunächst einmal hat sich der Blick der Verwaltung auf den komplexen Themenbereich „Mobilität“ deutlich gewandelt. Wir haben neue Impulse von außen erhalten. Wir haben aber vor allem auch Impulse aus der Stadtgesellschaft bekommen, die wir für zukünftige Ansätze oder Umbaumaßnahmen gerne annehmen und weiterentwickeln möchten. Gleiches gilt im Prinzip auch für die politische Wahrnehmung. Mobilität ist in und für Burgwedel ein ganzheitliches Thema geworden. Ohne die Förderung im Rahmen des Zukunftswettbewerbs hätten wir diesen arbeitsintensiven Prozess voraussichtlich niemals begonnen. Die Finanzierung der unterschiedlichen Planungsleistungen und Beteiligungsformate wären allein aus dem Haushalt der Stadt Burgwedel voraussichtlich nicht zu finanzieren gewesen.

Der Abschluss des Projektes sollte daher eher den Beginn einer Umsetzungsphase markieren. Wichtig wäre mir, dass die Stadtgesellschaft erkennt, dass dieser umfangreiche Prozess und die Erkenntnisse, die sich daraus ergeben haben, nicht in irgendeiner Schublade verschwinden. Ich wünsche mir, dass die erarbeiteten Ergebnisse weiterentwickelt werden können.

Frau Nieße, welche Schlüsse haben Sie bisher aus der Arbeit am Projekt „mobil ans #werk“ gezogen?

Lisa Nieße: Eine gemeinsame Zukunftsvision in dieser Intensität mit der Verwaltung, mit zahlreichen öffentlichen Formaten, mit regionaler Rückbettung und unter Einbindung der lokalen Unternehmen zu erfinden und dafür politischen Rückhalt zu gewinnen ist eine große Aufgabe. Durch den Zukunftswettbewerb nachhaltige Mobilität konnte diese einzigartige Gestaltungsmöglichkeit ergriffen werden.

Das hat übrigens auch schnell Aufmerksamkeit erregt – sowohl bei der lokalen Bevölkerung als auch bei externen Partner*innen. Viele Außenstehende haben die Besonderheit unseres Projekts erkannt und wollten Teil davon sein. So wurde es leichter, neue Partner*innen zu finden. Über die Laufzeit des Projekts hatten wir zudem Zeit, um gemeinsame Ideen zu entwickeln, Netzwerke aufzubauen und intensiv zu forschen.

Ein weiterer großer Vorteil war der „Vertrauensvorschuss“, den wir erhalten haben, um zu experimentieren. Durch die Förderung konnte die Stadt mutig neue Wege gehen. Im Laufe des Projekts haben wir beobachtet, wie sich die Einstellung vieler Beteiligter von einem anfänglichen vorsichtigen Beobachten zu einem aktiven Mitwirken gewandelt hat. Der politische Ausschuss hat Mobilität als Kernaufgabe aufgenommen, Unternehmen denken über die Gründung einer Standort-AG nach und das Mobilitätsforum kann für künftige Vorhaben wieder ins Leben gerufen werden. Burgwedel ist der Zukunft ein Stück näher gerückt.

Zu den Personen:

Oliver Götze ist Leiter des Bauamts der Stadt Burgwedel. Er hat Bauingenieurwesen studiert und den Einstieg in die Verwaltung im Bereich der Stadtentwässerung gefunden.

Lisa Nieße ist Stadtplanerin und Mitinhaberin von plan zwei – Stadtentwicklung I Stadtforschung I Kommunikation. Seit 2024 ist sie Gastprofessorin an der Universität Kassel für Stadtmanagement. Sie beschäftigt sich mit allen Fragen der Urbanen Transformation, der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf der integrierten Stadt- und Quartiersentwicklung.

Kontakt

Zukunftswettbewerb nachhaltige Mobilität +49 30 72618 1576 E-Mail schreiben

Telefonische Sprechzeiten:
Mo–Fr 9:00–12:00 Uhr

Wettbewerb nachhaltige Mobilität

Illustration mit Motiven zur Mobilität wie Fahrrad und Gehweg

Meldungen