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11.09.2024

Interview: Zukunftstechnologie für Zukunftswälder

Prof. Dr. Fabian Faßnacht demonstriert das Dendrometer.

Das Leuchtturmprojekt FutureForest entwickelt KI-Lösungen für den nachhaltigen Waldumbau. Über die Herausforderungen und den Zustand des Waldes berichtet uns Prof. Dr. Fabian Faßnacht von der FU Berlin.

Herr Faßnacht, war 2024 ein gutes Jahr für den Wald?  

Faßnacht: Ich denke, dass 2024 für die Vitalität des Waldes in Deutschland ein eher gutes Jahr war. Es gab keine längere Trockenphase und der Winter war verhältnismäßig regenreich. Daher waren die meisten Wälder gut wasserversorgt und weniger gestresst als in vielen vorangegangenen Jahren. Dadurch hatte es der Borkenkäfer schwerer und das Waldbrandrisiko war im Schnitt geringer.

Sie haben mit mehreren Projektpartnern FutureForest umgesetzt. Was war das Ziel?

FutureForest soll Waldbesitzer*innen in Deutschland beim klimaangepassten Waldumbau unterstützen. Dazu waren verschiedenste Entwicklungen notwendig, die von der Entwicklung von Prozessketten zur Bereitstellung flächendeckender Informationen zur Baumartenverteilung und des Waldzustandes, über Waldwachstumssimulationen bis hin zur Entwicklung eines Entscheidungsunterstützungssystems reichen. Dabei kamen auch KI-Verfahren zum Einsatz.

Wie kann KI den jetzigen und zukünftigen Waldzustand bestimmen?

Die KI allein kann dies gar nicht. Allerdings tragen KI-Algorithmen dazu bei, aus komplexen und nicht leicht zu verstehenden Daten Informationen abzuleiten. In unserem Projektteil gewinnen wir mittels KI-Verfahren Informationen aus über mehrere Jahre hinweg gesammelte Satellitenbildzeitserien um stark geschwächte oder tote Waldbestände zu kartieren. Dies funktioniert relativ zuverlässig und es zeichnet sich ab, dass wir mit KI leicht verbesserte Ergebnisse im Vergleich zu etablierten Verfahren erzielen. Allerdings reichen diese Verfahren nicht aus, um auch verlässlich den zukünftigen Zustand eines Waldes vorherzusagen. Hierfür sind komplexe Waldwachstumssimulationen notwendig. Diese ermöglichen es zu simulieren, wie sich erwartete zukünftige Klimabedingungen auf das Wachstum der Wälder auswirken. Solche Wachstumsmodelle, die über Jahrzehnte gesammeltes Wissen bündeln, sind durch KI nicht direkt zu ersetzen. Es ist allerdings möglich, einer KI dieses gebündelte Wissen „beizubringen“. Die KI kann dann deutlich schneller als die rechenintensiven Wachstumsmodelle den Waldzustand vorhersagen.

Sie betreiben derzeit in Brandenburg ein Sensorfeld mit sogenannten Dendrometern – was hat es damit auf sich?

Dendrometer messen den Durchmesser eines Baumes auf einer sehr detaillierten zeitlichen Skala und können Schwankungen im Bereich von weniger als einem Mikrometer erfassen. Bäume werden in der Regel immer dicker, je älter sie werden – was sich dann in den Jahrringen zeigt. Ihr Durchmesser kann über kurze Zeitabschnitte aber auch schrumpfen. Das liegt daran, dass die äußeren Schichten des Baumes, die das Wasser von den Wurzeln in die Krone transportieren, entweder mehr oder weniger Wasser führen können. Je nachdem wie viel Wasser dem Baum gerade vom Boden bereitgestellt werden kann und wieviel Wasser er benötigt um zu wachsen. Führt der Baum im Sommer sehr wenig Wasser, ist das oft ein Zeichen, dass er gerade mit Trockenstress zu kämpfen hat.

Gibt es neben den Dendrometern noch weitere Sensoren und wie hängt das nun mit den Satellitenbildern zusammen?

Neben den Dendrometern, haben wir noch Kameras die die Baumkronen regelmäßig von unten aufnehmen und die Bilder über das Mobilfunknetz zu uns ins Büro schicken. Die Fotos informieren uns über Veränderungen der Ausrichtung der Blätter oder Verfärbungen. Was beides wiederum Anzeichen von Stressereignissen sein können. Die Informationen von den Dendrometern und den Kameras geben uns als detaillierte Hinweise darauf, wie es den Bäumen gerade geht. Diese Information nutzen wir dann, um sie mit den Spektren, die ein Satellit sammelt zu vergleichen. Solche Spektren werten die Rückstrahlung des Lichtes in unterschiedlichen Wellenlängen aus, inklusive solcher, die das menschliche Auge nicht direkt erfassen kann. Unsere Hoffnung ist, dass wir durch die zusätzlichen Informationen aus dem Sensornetzwerk das Satellitensignal besser verstehen und dadurch besser nutzen können. Die KI-Verfahren unterstützen uns hier dabei, die oftmals komplexen Zusammenhänge zwischen dem Baumzustand und der spektralen Information herzustellen und nutzbar zu machen.

Kann KI auch helfen, die CO2-Speicherfähigkeit von Wäldern zu verbessern?

Die CO2-Speicherfähigkeit von Bäumen hängt insbesondere vom Wachstum und Überleben der Bäume ab. Es liegt auf der Hand, dass die Faktoren, die diese Prozesse beeinflussen, nicht direkt von KI-Verfahren beeinflusst werden können. Allerdings kann KI wie oben bereits erklärt ein Baustein zur regelmäßigen Erfassung des Waldzustands sein was hilfreich sein kann um akute Handlungsbedarfe zum Erhalt von akut betroffenen Waldbeständen zu erkennen. Darüber hinaus sollen die oben ebenfalls erwähnten Waldwachstumssimulationen die durch KI effizienter und umfassender durchgeführt werden können, WaldbesitzerInnen zukünftig ermöglichen gut informierte Entscheidungen zur Behandlung ihrer Wälder zu treffen, was wiederum zum Erhalt und Wachstum beitragen kann.

Welche Erkenntnisse nehmen Sie aus dem Projekt mit?

Ich denke, dass wir mit FutureForest eine sehr gute Grundlage dafür gelegt haben, KI-Verfahren im Kontext des Waldmonitorings und der Entscheidungsunterstützung für einen klimaangepassten Zukunftswald nutzbar zu machen. Gleichzeitig ist KI kein Allheilmittel, sondern ergänzt etablierte und verlässliche Verfahren und kann diese in einigen Fällen effizienter, genauer und skalierbar machen.

KI-Leuchttürme

Illustration mit Leuchttürmen, Windrad und Menschen

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